Flugzeit-Sekundärionen-Massenspektrometrie (TOF-SIMS)
Als Flugzeit-Sekundärionen-Massenspektrometrie, kurz TOF-SIMS, wird ein oberflächensensitives analytisches Verfahren bezeichnet. Die zu analysierende Probe wird hierbei mit einem fokussierten Ionenstrahl abgerastert, wobei Teilchen aus der obersten Materialschicht herausgelöst werden - unter anderem Sekundärionen, die bei TOF-SIMS zu Analysezwecken herangezogen werden. Die Detektierung selbst erfolgt über einen Flugzeitmassenanalysator, der während eines Sputterimpulses ein komplettes Massenspektrum aufnehmen kann.
Untersucht werden so Oberflächen von Festkörpern auf ihre chemische Charakteristik. Hierbei wird die Zusammensetzung der Probenoberfläche auf elementarer und molekularer Ebene analysiert. Dieses Verfahren gibt zudem die Möglichkeit einer kompletten dreidimensionalen Analyse der Probe. Als zu untersuchendes Probenmaterial eignet sich bei TOF-SIMS eine Vielzahl an Stoffen, wie etwa Halbleiter, Polymere, Papier, Glass, Keramik und viele mehr.
Wie funktioniert ein TOF-SIMS Systems
Ein gepulster Primärstrahl wird mit einer Energie von bis zu 30 keV auf eine zu untersuchende Probe fokussiert. Dabei kommt es zwischen den Ionen des Primärstrahls und dem Probenmaterial (oberste Monolagen) zu Kollisionen (Stoßkaskade), bei denen hauptsächlich neutrale Teilchen, aber auch negativ und positiv geladene Teilchen freigesetzt werden. Diese geladenen Teilchen werden anschließend in einem elektrischen Feld in Richtung Massenspektrometer beschleunigt.
Bei der TOF-SIMS Analyse der geladenen Teilchen wird sich zu Nutzen gemacht, das sich Ionen mit derselben Energie jedoch unterschiedlicher Masse mit unterschiedlicher Geschwindigkeit bewegen. Leichtere Ionen besitzen eine höhere Geschwindigkeit und erreichen den Detektor schneller als schwere Ionen. Die Messung der Flugzeit eines Teilchens ermöglicht die Bestimmung seiner Masse.
Prinzipieller Aufbau eines Flugzeit-Sekundärionen-Massenspektrometers
Ein TOF-SIMS System besteht grundsätzlich aus den Komponenten
- Ionenstrahlsäule mit gepulstem Primär-Ionenstrahl
- Probentisch
- Electron Flood Gun zur Ladungskompensation
- Flugzeit-Massenspektrometer (TOF-Analysator)
Ionenstrahlsäule mit gepulstem Primär-Ionenstrahl
Die Ionenstrahlsäule besteht prinzipiell aus vier Abschnitten, die man logisch einteilen kann in die Ionenquelle, die elektrostatische Strahlformung, das Blanken/Pulsieren des Strahls und die abschließende Strahlformung (Fokussierung auf Probe).
Die Ionenquelle kann dabei aus einer Flüssigmetall-Ionenquelle (LMIS) bestehen, je nach Hersteller werden unterschiedliche Materialien verwendet, wie etwa Bismut (Bi). Anwendung finden zudem Gas-Cluster-Ionenquellen mit Argon.
Die Strahlformung erfolgt durch Aperturen, elektrostatische Einzellinsen und Quadrupole. Die Pulsung des Primär-Ionenstrahls wird durch einen elektrostatischen Blanker erzielt. Die abschließende Strahlformung, die den Ionenstrahl auf die Probe fokussiert, wird wiederrum durch eine spezielle Einzellinse sowie Quadru- und Octupole erzielt. Hierbei gilt, umso kleiner der Strahldurchmesser, desto besser die räumliche Auflösung.
TOF-SIMS Probentisch
Probenhalter für TOF-SIMS Anwendungen sind zumeist in den fünf Achsen X, Y, Z sowie R (Rotation) und T (Tilt) verfahrbar. Der Probentisch befindet sich auf dem Erdpotential des Systems.
Electron Flood Gun zur Ladungskompensation
Das Sputtern auf der Probenoberfläche kann bei nichtleitendem Material dafür sorgen, dass die Erdung über den Probenhalter nicht zur Ladungskompensation genutzt werden kann. Beim Beschuss des Materials durch Ionen werden mehr geladene Teilchen auf die Probe gebracht, als herausgesputtert werden. Das kann dazu führen, dass sich ein Potential aufbaut. Diese Aufladung stört den Prozess und daher ist es nötig, das Potential mit einer Electron Flood Gun abzubauen.
Die Electron Flood Gun kommt nach jedem Zyklus zu tragen, der einen Impuls des Primär-Ionenstrahls und die darauffolgende Extraktion der Sekundärionen umfasst. Auf diese Weise lassen sich Aufladungen kompensieren. Negative Auswirkungen eines Überschusses an Elektronen werden mit einer sogenannten Extraction Bias Spannung neutralisiert.
Flugzeit-Massenspektrometer (TOF-Analysator)
Das eigentliche Spektrometer des TOF-SIMS besteht aus einem Extraktor, der die Sekundärionen von der Probe in Richtung Detektor beschleunigt. Die Sekundärionen besitzen im Idealfall dieselbe kinetische Energie, wenn sie den feldfreien Raum durchqueren. Die Analyse erfolgt anhand eines unterschiedlichen Masse- zu Ladungsverhältnis (m/z-Verhältnis). Die Intensität des detektierten Signals in Abhängigkeit von der Flugzeit ermöglicht es, eine Aussage bezüglich Nuklid- bzw. Isotop-Anteilen in der Probe zu treffen (Kalibrierung des Detektors vorausgesetzt).
Da es unter realen Bedingungen nicht möglich ist, dass alle Sekundärionen genau dieselbe Energie besitzen, wird sich beispielsweise mit einem Reflektron im TOF-SIMS geholfen. Das Reflektron stellt einen elektrostatischen Spiegel dar, in den Ionen eindringen und anschließend zum Detektor reflektiert werden. Sekundärionen mit höherer Energie besitzen eine verlängerte Flugbahn, da sie tiefer in das Reflektron eindringen. Energieärmere Ionen werden schneller reflektiert und besitzen eine kürzere Flugbahn zum TOF-SIMS-Detektor. Dank dieser Vorrichtung kommen alle Ionen derselben Masse gleichzeitig am Detektor an.
TOF-SIMS Betriebsmodi
Flugzeit-Sekundärionen-Massenspektrometer lassen sich in unterschiedlichen Betriebsmodi verwenden. Nachfolgend sind vier der bekanntesten Modi beschrieben.
Oberflächen-Spektrometrie
Das Ziel der Oberflächen-Spektrometrie ist gewöhnlich die Untersuchung der ursprünglichen Zusammensetzung der Oberfläche. Da SIMS in der Regel eine destruktive Methode ist, muss zu Analysezwecken eine geringe Dosis für die Primärionen verwendet werden.
Hierzu wird das TOF-SIMS als statisches SIMS betrieben, was dazu führt, dass nur die obersten Monoschichten der Probe berührt werden und eine größere Destruktion vermieden wird. Die erzielten Ionenströme sind hierbei gering, jedoch lassen sich detaillierte elementare und molekulare Informationen gewinnen. Dieses Verfahren besitz eine Empfindlichkeit im ppm/ppb-Bereich.
Oberflächen-Bildgebung/Mapping
Bei der Oberflächen-Bildgebung wird mit einem fein fokussiertem Ionenstrahl die zu untersuchende Probenoberfläche abgerastert. Ähnlich wie bei einem Elektronenmikroskop lässt sich so ein Bild erzielen, das Aufschluss über die Massenverteilung der Sekundärionen gibt und sich für ein chemisches Mapping der Oberfläche eignet.
Tiefenprofile
Bei der Analyse von Tiefenprofilen arbeitet das TOF-SIMS im Zweistrahlmodus. Dabei wird ein Ionenstrahl dazu genutzt, die Oberfläche zu analysieren und der zweite Ionenstrahl dient zum Abtragen eines Sputter-Kraters.
Gesputtert wird mit einem reaktiven Ionenstrahl bestehend beispielsweise aus Sauerstoff (O2) oder Cäsium (Cs). Die Verwendung von Clustern ist auch möglich. Die Energie dieser Ionenstrahlen ist niedrig, um eine höhere Empfindlichkeit und eine hohe Tiefenauflösung zu erzielen.
3D Analyse
Die 3D Analyse mittels TOF-SIMS ist eine Kombination aus den Betriebsmodi Spektrometrie, Bildgebung und Tiefenprofilierung. Mithilfe dieser Untersuchung können komplexe und unbekannte Strukturen und Defekte analysiert werden.
Mögliche Materialproben bei TOF-SIMS Analyse
Ein Flugzeit-Sekundärionen-Massenspektrometer erlaubt die Untersuchung einer großen Anzahl an unterschiedlichen Materialien. Diese können sowohl elektrisch leitend als auch isolierend sein und umfassen unter anderem Biomaterialien, Glas, Arzneimittel, Beschichtungen, Halbleiter und Polymere.
Anwendungen für TOF-SIMS Spektrometer
Die Vielzahl an untersuchbaren Materialien sorgt auch für eine große Anzahl an Möglichkeiten zur applikativen Anwendung für TOF-SIMS Spektrometer.
Detektion von Spurenmetallen
In der Halbleiterindustrie wird es immer wichtiger, Spurenmetalle in Halbleitern zu detektieren. Hierzu eignen sich TOF-SIMS Spektrometer besonders gut, denn sie besitzen die Möglichkeit auch leichte Elemente und ihre Isotope zu detektieren.
Kontaminationen von Halbleitern
Mit einem TOF-SIMS Spektrometer ist es möglich, anorganische und organische Verunreinigungen von Halbleitern festzustellen. Eine solche Kontamination kann während des Produktionsprozesses durch Berührung mit Handschuhen oder durch Werkzeug entstehen. Auch die im Reinraum befindlichen Verunreinigungen, können sich auf den Halbleitern absetzen. Letztlich stehen Halbleiter durch ihre chemische Weiterverarbeitung in direktem Kontakt mit im Endprodukt unerwünschten Stoffen.